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Das Mole-Konzept: Unendliche Möglichkeiten

26. März 2019 Food Fachwissen: In Mexiko ist die Mole-Vielfalt unüberschaubar. Doch gibt es bei all den Kreationen auch Gemeinsamkeiten?

Das Mole-Konzept: Unendliche Möglichkeiten

Mole liefert einen Überbegriff für eine Vielzahl an Saucen der mexikanischen Küche. Diese unterscheiden sich teilweise stark voneinander, weisen aber auch typische Gemeinsamkeiten auf. Optisch reicht die Mole-Bandbreite von hell bis dunkel, von braun über rot und orange bis grün. Mal ist sie dickflüssig, mal fließt sie fein. Zwar ist die Anzahl der in ganz Mexiko etablierten Mole-Kreationen überschaubar. Unüberschaubar sind dagegen die unzähligen lokalen Rezepturen. Selbst Familien haben oftmals ihre ganz Eigenen.

Mole-Code

Doch es gibt Gemeinsamkeiten: So ist eine Mole typischerweise püriert und alle Zutatenlisten enthalten mindestens eine Chilisorte. Chilis können u.a. Süße, Schärfe, Raucharomen, Umami oder auch knackige Frische liefern. Da es unzählige Chilisorten in Mexiko gibt, gibt es auch verschiedenste Chilikombinationen, die in einer Mole zur gewünschten, ausbalancierten Geschmackskombination führen. Gerade milde Chilis eignen sich dafür hervorragend, sie sind für Mole fast essenziell. Das gilt aber auch für kräftige Aromaten wie Zwiebeln oder geröstete Tomaten, Tomatillos und Knoblauch. Ebenfalls typisch sind Mandeln, Erdnüsse, Pecannüsse, Pinienkerne, Kürbiskerne, Sesamsamen, Brot oder Tortillas. Sie dienen als Saucenbinder und verdicken die Mole. Nicht selten werden mehrere Chilis, Aromaten und Verdicker miteinander kombiniert. Hinzu kommen häufig auch Kräuter und Gewürze, was zu ellenlangen Zutatenlisten führen kann. Es soll sogar Rezepturen mit 75 verschiedenen Zutaten geben!

Mole-Mega-Mix

Typische Kräuter wären etwa Oregano, Thymian, mexikanischer Blattpfeffer (hoja santa) oder auch Epazote, ein mexikanisches Fuchsschwanzgewächs. Gewürzt wird gern mit Piment, Kreuzkümmel, Zimt, Koriander, Nelke, Anis und Schwarzem Pfeffer. Gerade bei Kräutern und Gewürzen sind die arabischen Einflüsse zu erkennen, die teilweise schon mit den spanischen Eroberern den Weg in die mexikanische Küche fanden. Doch damit nicht genug: Die Zutatenlisten lassen sich noch erweitern, z.B. um Früchte (getrocknet: Rosinen, Feigen / frisch: Ananas, Apfel) und – nicht zu vergessen – Schokolade. Schokolade ist die Zutat, für die Mole außerhalb Mexikos vor allem bekannt ist. Doch Schokolade kommt nur in sehr wenigen, nämlich in den feierlichen, dicken, ultra-komplexen Saucen vor wie z.B. Mole Negro oder der international bekanntesten Mole Poblano. Verwendet wird traditionell eher ungesüßte Schokolade.

Mole: Meisterwerk

Was vielen Mole-Rezepten zusätzliche Komplexität verleiht, ist die Zubereitung. Alle Zutaten gleichzeitig in den Topf? Nicht bei einer Mole! Häufig müssen Chilis, Nüsse & Co. erst einmal getrennt von z.B. Kräutern und Gewürzen vor- oder zubereitet werden, bevor sie miteinander zu einem Pulver oder einer Paste kombiniert und mit einem Fond vermixt werden. Teilweise wird dafür ganz bestimmtes Equipment benötigt wie z.B. der traditionelle, dreibeinige Mörser Molcajete für das Zermahlen und Vermischen, wobei dieser auch durch einen Mixer ersetzt werden kann. Für die Zugabe von Zutaten müssen je nach Rezeptur auch ganz bestimmte Zeitpunkte abgepasst werden. Um nicht anzubrennen muss die Mole ständig, teilweise über Stunden, gerührt werden. Mit den entsprechenden elektrischen Gerätschaften ist das heute kein Problem. Früher allerdings wurde die Mole zu großen feierlichen Anlässen in riesigen Kesseln von mehreren Metern Durchmesser über offenem Feuer stundenlang zubereitet und von Hand gerührt. Ein enormer Kraftakt, um am Ende ein konzentriertes Zusammenspiel unterschiedlichster Geschmäcker und Aromen zu erzielen und all die Zutaten zu einer gleichmäßigen Sauce zu emulgieren.

Mole – maximal mexikanisch

Mole ist so flexibel, wie eine weiße Leinwand, die bemalt werden möchte: Ähnlich wie beim Taco, bei dem die Tortilla beliebig befüllt werden darf, liefert Mole dem Koch ein Gerüst an Zutaten (Chilis, Aromaten, Saucenbinder) und Handgriffen (Zutaten rösten und pürieren), das schier unendliche Spielräume für individuelle Abwandlungen schafft. Jeder Koch hat die Chance, seine eigene Mole zu kreieren. Vielleicht liefert dies einen weiteren Grund für die Bereitschaft der Mexikaner, so viel Zeit und Leidenschaft in die Zubereitung einer Mole zu investieren. Die Tatsache, dass Mole-Gerichte auch Mole im Namen tragen, ist dann nur konsequent. Weder Fleisch, noch Fisch, Gemüse oder Reis spielen die Hauptrolle, sondern die Sauce ist der Star in Gerichten wie Mole Poblano con Pollo.

Wie das Mole-Konzept in der Praxis interpretiert werden kann, zeigen die bekanntesten mexikanischen Mole-Variationen. Diese stellen wir im Detail im nächsten Beitrag vor.