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Levante im Praxistest

6. Dezember 2018 Food Inspiration: Lassen sich levantinische Mezze-Gerichte auch in die Geminschaftsgastronomie übersetzen?

Levante im Praxistest

Offensichtlich trifft die neue Küche der Levante den aktuellen Zeitgeist, wenn es um die Zusammenstellung der Gerichte geht. Hier offenbart sich eine ebenso dynamische wie kreative Küche, in der alle nur denkbaren Kombinationen bereichern.

Ihre meisten Impulse erfährt sie wohl momentan von israelischen Köchen, die sich ungeachtet aller Barrieren den traditionellen, arabischen Speisen annehmen und diese raffiniert neu interpretieren. Tel Aviv, Israels hippe und nimmermüde Mittelmeerkapitale, muss hier als Epizentrum und Eyal Shani als vielleicht populärster Vertreter der neuen Levante-Küche genannt werden.

Shani sorgt z.B. mit seiner Street-Food-Restaurant-Kette Miznon für Aufsehen, mit der er bereits erfolgreich bis nach Wien, Paris und New York expandierte.

Absoluter Star seines Street-Food-Konzeptes ist sein goldbrauner, butterzarter, im Ganzen gebackener und in Backpapier servierter Blumenkohl, der, bevor er mit reichlich Olivenöl begossen, mit Meersalz bestreut und in Backpapier eingerollt in den Ofen kommt, zunächst kopfüber in gesalzenem Wasser gekocht wird.

In seinem Berliner Restaurant Prism kombiniert der israelische Koch Gal Ben Moshe Elemente der levantinischen Küche mit europäischer Spitzenküche. So verwundert es nicht, dass das Menü sowohl die Leber mit Apfel, Zwiebel und Foie Gras als auch das Lamm mit Sauerkirschen und Pinienkernen beschickt.

Vor allem im deutschsprachigen Raum mit Standorten in Wien, Hamburg, Berlin, München, Köln und Zürich bereits fest etabliert

haben sich die Neni-Restaurants der Wienerin Haya Molcho und ihrer Söhne, in denen die Levante etwa mit rumänischen oder spanischen Einflüssen fusioniert und in denen Mezze fester Bestandteil des Erfolgskonzeptes sind. Viele dieser Mezze-Gerichte sind im neuen Kochbuch des Molcho-Familienbetriebs Tel Aviv by Neni zu finden, etwa eine grüne Shakshuka mit Lauch, Spinat und reichlich Petersilie oder ein Salat aus gegartem Frikeh mit Datteln und Nüssen. Frikeh ist eine Bezeichnung für geschrotenen, gerösteten Grünkern.

Die Levante-Küche liefert also eine ganze Reihe vielversprechender neuer Impulse. Doch wie kann die Großküche die arabischen Aromen in Szene setzen?

Bilder: Neni

Levante in der Gemeinschaftsgastronomie

In der Gemeinschaftsgastronomie und hier momentan insbesondere in der Betriebsverpflegung, Stichwort employer branding, hat die Levante Küche gute Chancen, sprichwörtlich noch unbesetzte Geschmacksknospen zu unterhalten.

Doch welche levantinischen Gerichte eignen sich zur Aufnahme in die Speisekarte am besten? Hierüber entscheiden vor allem das Abwechslungsbedürfnis und die Probierlaune der spezifischen Gästestruktur. Aber auch der für Aktionen nah am Trendbarometer nicht unwesentliche Grad gastronomischen Mutes bestimmt die Auswahl der Speisen. Den besten Start bieten allgemein Klassiker wie  Falafel, Hummus, Halloumi, Dolma oder Taboulé.

Steht die Auswahl der Speisekarte, stellt sich noch die Frage nach der Umsetzbarkeit, vor allem angesichts der Infrastruktur einer Großküche. Häufig ist die Übersetzung aber unproblematisch, z.B. beim Taboulé. Der Bulgur lässt sich unkompliziert bereits am Vortag zubereiten, Gemüse und Kräuter werden morgens frisch geschnitten und samt Marinade mit dem vorbereiteten Bulgur vermengt. Gewürzt wird mit viel Zitronensaft, hinzukommen Olivenöl, Salz und nach Geschmack etwas Zucker. Authentische Gewürze sind Kreuzkümmel und eine Idee Zimt sowie etwas Chili. Diesen kann man auch an der Ausgabe bereitstellen, damit jeder Gast den Schärfegrad selbst einstellen kann.

Baba Ganoush, eine Ikone unter den Levante Dips lässt sich ebenfalls mit überschaubarem Aufwand umsetzen: Hierzu werden die Auberginen im Ganzen mit einer Gabel eingestochen und für 45 Minuten bei 220 °C in den Kombidämpfer abgeschoben. Sollten sie dabei außen schwarz werden, ist dies kein Problem, benötigt wird nur ihr Inneres, das sich nun wunderbar einfach und schnell herauslöffeln lässt. Das Auberginenmus wird mit Tahini/Sesampaste, Olivenöl und Knoblauch (alternativ Ubena Knoblauchpaste) mit dem großen Stabmixer oder in der Küchenmaschine aufgemixt. Nach Belieben abgeschmeckt wird das Ganze mit Paprika de la Vera, Salz, Pfeffer, Zitronensaft und Chili. Auch Baba Ganoush kann unkompliziert am Vortag zubereitet und an der Ausgabe mit Fladenbrot und frischer glatter Petersilie angerichtet werden.

Ideal für Gastronomen, die sich dem Thema Levante dauerhaft widmen möchten, ist ein eigener Counter mit rollierender Ausgabe. Der Counter sollte möglichst mit Fachpersonal besetzt sein, das die Fragen der Gäste kompetent beantworten und ggf. nötige Erläuterungen leisten kann. Noch mehr Aufmerksamkeit erfährt die Levante-Küche im Einsatz an der Front: Beim Frontcooking, das bei levantinischen Gerichten unkompliziert umzusetzen ist, weil die Gerichte an der Ausgabe bereits weitestgehend fertig sind und durch kurzes Anbraten-Anrichten dem Gast präsentiert werden können, wird dem Gast die Levante-Küche erlebbar gemacht.

Bild: „Grüne Shakshuka“ ist eines von vielen Rezepten aus dem neuen Kochbuch „TEL AVIV by NENI“ von Haya Molcho & Söhnen (Christian Brandstätter Verlag).

Auch die Produktpräsentation birgt großes Potenzial, um die Levante Küche authentisch zu inszenieren. Bei der Geschirrauswahl könnte die Entscheidung z.B. auf kleinere Teller und Gefäße fallen, um den typischen Mezze-Charakter zu erzeugen. Als Getränk wäre die Limo direkt neben dem Counter fehl am Platz. Ein optisch ansprechender Teekessel oder ein kühler Ayran vermitteln Authentizität.