Verschärft am Herd mit Chilis
Nach dem Blick auf die aromatischen Chilis verdienen nun auch die scharfen Vertreter der Gattung ihre kulinarische Würdigung. Dabei soll es nicht darum gehen, neue Schärferekorde ab siebenstelliger Scovillezahl aufzustellen, sondern um scharfe Chilis, mit denen sich dennoch vorzüglich und kreativ kochen lässt, wenn die Gäste hierfür empfänglich sind und man Umsicht bei der Dosierung beweist. Ein Überblick:
Serrano (23.000 SCU)
Die Serrano gehört zu den Chilisorten, die für schärfeempfindliche Gaumen mit Vorsicht zu genießen sind. Der Name leitet sich wie der gleichnamige Schinken ab vom spanischen sierra für Gebirge. Entsprechend gedeihen Serranos vor allem in bergigen Regionen. Sie sind etwa vier- bis fünfmal so scharf wie Jalapeños und werden meist noch im unreifen Zustand grün geerntet. Mit ihrem frischen Aroma sind sie vor allem für scharfe Salsas zu gegrilltem oder kurzgebratenem Fleisch, Fisch und Gemüse perfekt geeignet, müssen nach dem Rösten nicht gehäutet werden und sind häufiger Bestandteil von scharfen Würzsaucen. Serranos werden meist roh, vereinzelt auch sauer eingelegt, verwendet.
Cayenne (30.000 – 50.000 SCU)
Cayenne stammt vermutlich aus Peru und nicht aus Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guayana. Heute ist diese Chilisorte vor allem für das Gewürzpulver bekannt, das aus den getrockneten und gemahlenen Schoten gewonnen wird – dem Cayennepfeffer. Die reifen, roten Cayenne-Früchte besitzen eine vergleichsweise dünne Haut, weshalb sie sich hervorragend zum Trocknen und Zermahlen eignen. Typisch für Cayenne sind der leicht rauchige, etwas bittere Geschmack und seine beißende Schärfe, die sich übrigens auch Hersteller von Pfefferspray gerne zu Nutze machen. Daneben eignet sich Cayenne für scharfe Salsas, Dips oder Schmorgerichte und ist aus der Cajun-Küche nicht mehr wegzudenken.
Piri-Piri (50.000 – 175.000 SCU)
„Com Piri-Piri?“ Algarve-Urlaubern könnte diese Frage aus portugiesischen Restaurants bekannt vorkommen. Als Piri-Piri bezeichnen Portugiesen sowohl die in ihrer landestypischen Küche so beliebten kleinen, scharfen, roten Chilis, die mit der Kolonialisierung aus Brasilien nach Portugal importiert und anschließend weiter nach Afrika und Asien exportiert wurden, als auch die daraus hergestellten feurigen Saucen und Marinaden. Als Frango Piri-Piri wird in Portugal z.B. ein scharf gegrilltes Hühnchen bezeichnet.
Für die in Portugal und weiten Teilen Afrikas so beliebten Piri-Piri-Saucen existiert keine feste Rezeptur, weshalb sich die zahlreichen und stark regional geprägten Saucen-Varianten hinsichtlich Geschmack und Schärfe deutlich voneinander unterscheiden können. Während es sich bei den Grundzutaten immer um frische Chilischoten, Zitrone, Öl und Gemüsepaprika handelt, müssen Zwiebeln, Salz sowie Pfeffer, Nelkenpfeffer, Estragon und/oder Lorbeerblätter nicht zwangsläufig mit von der Partie sein. Piri-Piri-Schoten sind auch für die nordostafrikanischen Gewürzmischung Berbere eine entscheidende Zutat. 1987 wurde in Südafrika sogar eine auf Piri-Piri-Marinaden spezialisierte Fastfood-Kette gegründet, die heute weltweit ca. 1.000 Filialen betreibt.
Thai Chili/Bird´s Eye (50.000 – 100.000 SCU)
Unter den Sammelbegriff Thai Chilis fallen sehr scharfe Chilisorten, die häufig Einsatz in Gerichten der südostasiatischen Küchen finden. Die vielleicht Bekannteste unter ihnen ist Bird’s Eye, eine kleine, feurige Chili. Bird´s Eye eignet sich besonders zur Zubereitung der dickflüssigen, aus Indonesien stammenden und auch in Malaysia, Sri Lanka, Brunei und Singapur populären Würzsauce, Sambal. Für Sambal gibt es zwei typische Zubereitungsarten: Kalt, hier werden die Zutaten, allen voran frische Chilischoten, im Mörser zerkleinert, vermischt und mit Salz konserviert (Beispiel: Sambal Oelek). Bei der aufwendigeren zweiten, meist milderen Variante werden Chilischoten, Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch zerstoßen, vermischt und so lange in Öl angebraten, bis sich daraus eine dickflüssige Masse ergibt (Beispiel: Sambal Manis).
Tepin (100.000 SCU)
Tepin, auch Chiltepin oder Chiltecpin genannt, gilt heute als Urform der uns bekannten Chili. Tepin stammt aus den Wüstenregionen im Norden Mexikos und dem Süden der USA, wächst dort auch heute noch wild und kann nur sehr schlecht kultiviert werden. Tepin wird meist getrocknet verwendet und dient zerstoßen z.B. als Gewürz von Suppen und Fleischgerichten. Neben der Schärfe werden die Früchte (nur 1-2 cm groß) wegen ihres einzigartigen Geschmacks nach Paprika mit leichten Anklängen von Rauch verwendet. Da Tepin hauptsächlich in der Wildnis wächst und die kleinen Beeren von Hand gelesen werden müssen, gestaltet sich die Ernte sehr aufwendig. Das wiederum wirkt sich auf den Preis aus. Tepin zählt zu den teuersten Gewürzen der Welt.
Habanero (100.000 – 350.000 SCU)
Die Habanero stammt nicht aus der kubanischen Hauptstadt Havanna, sondern aus Mexiko. Inzwischen existieren zahlreiche Zuchtformen, an denen je nach Habanero-Sorte zunächst grüne Früchte heranwachsen, die schließlich gelb, orange, rot oder auch braun reifen. Wenngleich die Schärfe wohl das auffallendste Merkmal der Habanero ist, so hinterlässt sie doch auch eine tropisch fruchtige Note, die hervorragend zu Salsas, etwa mit Ananas oder Mango passt. Auch in frischen Tomatensaucen, etwa zu Enchiladas oder mit etwas Limette zu Geflügel ermöglicht die moderat eingesetzte Habanero einen spannenden Schärfekontrast.
Bis 1999 wurde die Habanero als schärfste Chili der Welt im Guinness Buch der Rekorde gelistet. Seitdem hat sich die Situation in den Rekordbüchern deutlich verschärft. Durch Kreuzung von Habanero mit anderen Chilisorten wurden mittlerweile diverse Nachfahren gezüchtet, die sogar um ein vielfaches schärfer sind. Unter Züchtern hat ein regelrechtes Wettzüchten eingesetzt.
Die nachfolgenden Schärfe-Rekordler in chronologischer bzw. Capsaicin konzentrierter Reihenfolge: Red Savina (bis 2006, 577.000 Scoville), Bhut Jolokia/Naga Jolokia (bis 2012, 1.001.304 Scoville, Trinidad Moruga Scorpion (bis 2013, 2 Millionen Scoville), Carolina Reaper (bis 2017, 2,2 Millionen Scoville), Pepper X (aktueller Rekordhalter, 3,1 Millionen Scoville).