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Das 1 x 1 der Chili: Schoten, Schärfe, Schweiß und Schmerz

20. Februar 2019 Food Fachwissen: Chilischärfe - Über Capsaicin, wie man es misst, dosiert und entschärft

Das 1 x 1 der Chili: Schoten, Schärfe, Schweiß und Schmerz

Wer von Chili spricht, meint entweder eine Pflanze der Gattung Paprika (Capsicum), die scharfe Früchte hervorbringt, nur die scharfe Frucht, ein aus Chili-Schoten gewonnenes scharfes Gewürz oder ein mit Chili gewürztes Gericht . Eine feste Chili-Definition aus der Botanik bzw. Wissenschaft gibt es nicht.

Wo die Schärfe herkommt

Ihre Schärfe erfahren Chilis durch Capsaicin, einem Alkaloid, das in den Schoten der Pflanzen natürlich vorkommt und bei Säugetieren, also auch beim Menschen, einen Hitze- und Schärfereiz hervorruft. Neben Capsaicin sind in Chilis noch weitere Capsaicinoide enthalten, allerdings nur zu sehr viel geringeren Anteilen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Capsaicin, desto schärfer der Chili. Für alle, die sich als Besserwisser beliebt machen möchten: Paprikaschoten sind aus botanischer Betrachtung gar keine Schoten, sondern Beeren, genauer Trockenbeeren. Das in den Chilischoten enthaltene Capsaicin verteilt sich über die ganze Frucht, wobei die geringsten Konzentrationen im Fruchtfleisch vorkommen. Je näher man der Plazenta kommt, dem dünnen Häutchen, in dem der Scharfstoff produziert wird, desto schärfer werden die Fruchtbestandteile. Wer sein Gericht dezent schärfen möchte, sollte auf die Zugabe von Chilisamen verzichten, die zwar selbst kein Capsaicin enthalten, mit der Plazenta aber in Kontakt stehen und deshalb als sehr scharf empfunden werden.

Wie die Schärfe neutralisiert wird

Das ölige, meist farblos bis gelbliche Capsaicin wirkt antibakteriell, fungizid und daher konservierend. Es kann weder durch Kochen, noch durch Einfrieren zersetzt werden. Zudem lässt es sich zwar in Ethanol und Fetten lösen, nicht aber in Wasser. Wem also der Mund brennt, der kann die Chiliwirkung z.B. mit Hilfe fetthaltiger Getränke und Speisen wie Milch, Joghurt, Buttermilch oder Käse löschen. Schärfe neutralisieren können auch alkoholische Getränke wie Bier, Wein und Schnaps. Der beste Brandlöscher bleibt allerdings die Milch, da sie auch ein Brennen im Magen sehr gut neutralisiert. Wasser dagegen löscht wenig bis gar nicht, oft entpuppt es sich sogar als Brandbeschleuniger, wenn es die scharfen Speisen im Mund weiter verteilt. Auf mechanische Weise hilft auch Brot, das, lange genug gekaut, das Capsaicin aus dem Mundinnenraum abreibt.

Warum die Schärfe so beliebt ist

Auffällig ist, dass Chilis vor allem in warmen bis heißen Regionen der Erde sehr beliebt sind. Bedeutende Hotspots sind z.B. Mexiko, Brasilien, der Süden der USA, die Karibik, der Mittelmeerraum, Afrika, Südostasien oder Indien. Das erscheint auf den ersten Blick paradox, ist es aber nicht! Hier die Erklärung: Capsaicin wirkt im Mund auf Rezeptoren, die dem Gehirn eine Hitzequelle signalisieren. Darauf reagiert das Gehirn mit einem Befehl zur Schweißproduktion. Der ausgestoßene Schweiß auf der Haut erzielt letztendlich eine kühlende Wirkung auf den Körper. Clever! Zudem sind Chilis sehr gesund, wahre Vitamin-C-Bomben! Hinzu kommen die Vitamine A, B1, B2, B3 und E sowie Eisen und Calcium, die allesamt auch in getrockneten Schoten erhalten bleiben. Die Lust am scharfen Essen ist aber nicht allein auf die gesunden und kühlenden Aspekte zurückzuführen. Die durch das Capsaicin ausgelöste Schmerzempfindung bewirkt die Ausschüttung von Endorphinen im Gehirn. Chilis machen also glücklich!

Wer die Schärfe messbar machte

Bestimmt wird der Schärfegrad einer Chili mit Hilfe der Scoville-Skala, die 1912 von Wilbur Scoville, einem Pharmakologen, entwickelt wurde. Gemüsepaprika ohne Schärfe besitzt den Schärfegrad null SCU (Scoville Units), reines Capsaicin 16 Millionen SCU. Um die Schärfe eines Milliliters reinen Capsaicins nicht mehr wahrnehmen zu können, muss man diesen also mit 16 Millionen Millilitern (16.000 Litern) Wasser verdünnen. Dies entspricht in etwa der Füllmenge von 100 Badewannen.

Wie viel Capsaicin in den Früchten enthalten ist, hängt in erster Linie von der Chilisorte ab. Milde Chilis wie Poblano, Mulato oder Jalapeño liegen teilweise noch deutlich unter 10.000 SCU. Richtig schweißtreibend ist der Verzehr von Habanero (100.000 – 350.000 SCU), wobei der Markt noch deutlich schärfere Chilis, wie etwa die Carolina Reaper mit über 2 Mio. SCU zu bieten hat.

Wann die Schärfe zunimmt

Weitere Schärfe bestimmende Faktoren sind aber auch Licht, Wasser, Boden und Erntezeitpunkt. So kann es durchaus vorkommen, dass sich Früchte ein und derselben Pflanze extrem unterscheiden. Diese verschiedensten Einflussfaktoren erschweren es, den Schärfegrad einer bestimmten Chilisorte genau zu ermitteln. Ein berühmtes Extrembeispiel sind Pimientos de Padrón. Diese spanischen Schoten sind zu einem überwiegenden Anteil sehr mild, ein geringer Teil dagegen überrascht mit beißender Schärfe.

Doch die Schärfe ist bei Weitem nicht alles, worauf es bei Chilis ankommt. Vor allem die vielen unterschiedlichen Geschmacksnoten und Aromen entscheiden darüber, welche Sorten für welche Gerichte am besten geeignet sind. In den nächsten Artikeln steht alles über die wichtigsten milden und feurigen Chilisorten mit Infos zu Schärfe, Geschmack, Aussehen und Verwendung.