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Indische Currys: Würzige Wunderwelt

21. August 2019 Food Inspiration: Fachwissen - Alles über indische Currys

Indische Currys: Würzige Wunderwelt

Indische Currys: Würzige Wunderwelt

Wer als Europäer die maximale Luftveränderung erleben möchte, dem sei eine Indien-Reise wärmstens ans Herz gelegt. Neben extremen Kontrasten warten hier kulinarische Entdeckungen. Auch wir lieben Currys, oder? Allerdings liegen für gewöhnlich Welten zwischen einem deutschen indischen Curry und einem indischen indischen Curry. Dies beginnt bereits beim Currypulver, das man so als Gewürzmischung in Indien gar nicht kennt.

Bild: Asant-Klumpen. Das Gummiharz ist in der indischen Küche sehr beliebt. Auch als Pulver erhältlich.

Britische Pulverisierung

Indien gilt als Heimatland des Currys, jenem typisch-würzigen, vielseitigen Saucen-Gericht mit Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Gemüse und mitunter sogar Obst. Wie kein anderes Gericht repräsentieren Currys wohl die Indische Küche und ihre kaum zu erfassende Vielfalt. Die Erfindung des Currypulvers dagegen dürfen sich die Briten auf den Union Jack schreiben. Sie entwickelten während ihrer indischen Kolonialzeit die Curry-Gewürzmischung und sorgten auch für deren internationale Verbreitung, z.B. in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg.

Currypulver setzt sich in seiner ursprünglichen Komposition aus neun Gewürzen zusammen, deren Aromen wunderbar miteinander harmonieren und sich perfekt ergänzen: Neben Kurkuma, das auch für die klassische leuchtend-gelbe Farbe sorgt, wären da noch Chili, Pfeffer, Kardamom, Koriander, Ingwer, Kreuzkümmel, Nelke und Muskat. Zu dieser Gewürz-Komposition ließen sich die Briten von indischen Masala-Gewürzzubereitungen wie Tanduri Masala, Garam Masala oder Chat Masala inspirieren. Heute existieren unzählige weitere Gewürze, die indische Currys bereichern können, unter ihnen Schwarzkümmel, Bockshornklee, Senfkörner, Sternanis, Fenchelsamen, Zimt, Mangopulver (Amchoor) oder auch Asant (Asafoetida), eine herbe Harzart.


Bild: Gewürze eines indischen Marktstandes

3-2-1 Geschmacksexplosion!

Welche Gewürze, Kräuter und Einlagen in einem Curry zum Einsatz kommen, entscheidet in Indien übrigens selten eine feste Rezeptur. Eine Mischung aus Saison, regionaler Verfügbarkeit und Freestyle sorgen für Kreationen aus mitunter 30 und mehr Zutaten. Wirklich beeindruckend daran sind allerdings nicht die langen Zutatenlisten, sondern die Fähigkeit indischer Köche, daraus ein geschmacklich harmonisches, dabei komplexes, feinst austariertes Curry zu zaubern. Gerade die oft nur regionale Verfügbarkeit vieler Zutaten führte dazu, dass sich im Laufe der Zeit diverse regionale Küchen in Indien entwickelten, die zwar untereinander Gemeinsamkeiten aufweisen, sich aber auch deutlich voneinander unterscheiden. In den Zutatenlisten typisch indischer Currys lässt sich dies wunderbar ablesen:

 

Westindien

Während man in Goa unter großzügiger Zugabe von Chilis, die einst von den Portugiesen ins Land gebracht wurden, besonders scharf isst und aufgrund der katholischen Prägung neben dem üblichen Lamm und Huhn sogar Schweinefleisch verzehrt, zeichnet sich der übrige, hindu-geprägte Teil Westindiens eher durch eine mildere Küche aus, in der vor allem Fischcurrys beliebt sind. Zu den typischen Curry-Zutaten dieser Regionen zählen Kokosmilch und die süßsäuerliche Tropenfrucht Kokum. Gereicht wird zu westindischen Currys am liebsten Bhakri, ein aus Weizen hergestelltes Fladenbrot. Es ähnelt in Herstellung und Form dem ungesäuerten Chapati, das in ganz Indien verbreitet ist.

Nordindien:

Die Punjab-Region ist berühmt für ihre Masala-Gewürzmischungen, die in den dort typischen Currys nicht fehlen dürfen. Generell zeichnet die nordindischen Küchen eine Fülle an vegetarischen Currys aus. Eine der beliebtesten Zutaten: Der milde Panir-Käse, auch Paneer genannt. Sein Geschmack erinnert an Mozzarella, seine Konsistenz zumeist eher an Feta oder Frischkäse. Ebenfalls typisch für Nordindien: Statt Speiseöl wird das Butterfett Ghee verwendet. Typischerweise wird auch hier Fladenbrot als Beilage serviert. Am populärsten sind Naan (gesäuert) und Paratha (ungesäuert).


Bild: Die dunkel-violetten bis -rötlichen Kokum-Beeren werden bis zu vier Zentimeter groß


Bild: Kichererbsen-Tomaten-Curry mit Naan als Beilage

Ostindien

In Orissa und West-Bengalen zählen Fisch und Meeresfrüchte zu den typischen Zutaten. Auch fleischige Currys sind keine Seltenheit, besonders in Orissa. Viele Gerichte werden hier mit Senföl und Senfkörnern zubereitet. Ostindien zählt zu den wenigen indischen Regionen, in denen Brot als Curry-Beilage nicht zum Standard gehört. Stattdessen wird Reis dazu gereicht.

Südindien

Besonders groß ist die Curry-Vielfalt in Südindien. In Tamil Nadu dominieren vegetarisch zubereitete Currys mit Joghurt und Linsen. Kräftig mit Chili gewürzt wird dagegen in der eigenständigen Küche um Hyderabad, ebenso in der umliegenden Region Andhra Pradesh: Im westlichen Teil sind unter anderem Kodi Kura (Hühnchen-Curry), Ulava charu (Curry aus Ackerbohne) oder Chapala Pulusu (Fisch-Curry) beliebt. Als typisch für den Süden Indiens gelten Beilagen wie das ungesäuerte Fladenbrot Parotta und die crêpeartigen Dosa. Letztere sind aufgrund ihres Teigs aus fermentiertem Reis und Bohnen eine inzwischen auch in westlichen Ländern zunehmend beliebte Proteinquelle und auf Streetfood-Speisekarten von Hollywood bis Berlin anzutreffen.

Bild: Indisches Street Food – Dosa mit Panir-Käse

Generell wird zu einem Curry neben Fladenbrot am liebsten Reis serviert. Abgerundet werden die Mahlzeiten gern durch den gewürzten Joghurt Raita, das eingelegte Gemüse Achaar und verschiedene Chutneys. Diese Beigaben sorgen für noch mehr Balance in den Speisen, indem sie Umami, Säure und Süße weiter steigern.

Wo es die vielleicht besten indischen Currys der Welt gibt? Wir haben mal recherchiert. Das Ergebnis findet sich im nächsten Artikel